Berufsbild ERP-Berater: Aufgabenbereiche, Qualifikationen, Ausbildungshintergrund und potenzielle Schwierigkeiten in der Praxis
Die Einführung von ERP-Systemen ist in der Regel ein umfangreiches Unterfangen. Grund dafür ist, dass das System optimal an die jeweiligen Bedingungen und Voraussetzungen des Unternehmens und seiner Branche angepasst werden muss. Meist gibt es schon Schwierigkeiten bei der Auswahl des ERP-Anbieters.
Bei der Umsetzung eines ERP-Projekts können externe ERP-Berater von Anfang bis Ende unterstützend zur Seite stehen. Doch was leisten sie dabei genau? Welches Know-how und welche Fähigkeiten müssen sie für diese verantwortungsvolle Aufgabe mitbringen? Und wie steht es um den Erfahrungshintergrund und Referenzen? Ein Überblick über einen ebenso hochspezialisierten wie gefragten Berufsstand.
Inhalt
- Was können externe EPR-Berater in einem fremden Unternehmen leisten?
- Welches Know-how und welche Fähigkeiten bringt ein ERP-Berater mit?
- Wie ist es um den Ausbildungshintergrund eines ERP-Beraters beschaffen?
- Wie sehen die Verdienstmöglichkeiten von ERP-Beratern aus?
- Wo liegen die Grenzen eines externen ERP-Beraters und welche möglichen Konflikte gibt es?
Was können externe EPR-Berater in einem fremden Unternehmen leisten?
Typische Aufgaben innerhalb eines ERP-Projekts
Wurde ein passender externer ERP-Berater gefunden, kann dieser eine Vielzahl an Projektaufgaben erfüllen. Zu den typischen zählen beispielsweise:
- aktuelle Geschäftsprozesse analysieren
- Konzept für die Standardisierung der Geschäftsprozesse vorbereiten
- Lastenheft (Anforderungskatalog für das ERP-Projekt) erstellen
- mögliche ERP-Anbieter eingrenzen
- ERP-Anbieter auswählen und die Vertragsverhandlung führen
- während der Lastenheft- und der Programmierungsphase die Qualitätssicherung durchführen
- bei neu entwickelten Geschäftsprozessen die Live-Tests begleiten
- 6 bis 12 Monate nach dem Go Live eine Prozess-Review durchführen
Rollen eines ERP-Beraters im Team
Externe ERP-Berater sind vor allem beim Kunden tätig, daher arbeiten sie selten im Büro. Ihre Rolle kann im Unternehmen unterschiedlich ausfallen. Hierfür ist vor allem eine möglichst reibungslose Kommunikation zwischen dem externen Berater und den internen Mitarbeitern wichtig. Zu den möglichen Rollen eines ERP-Beraters gehören beispielsweise:
- Sparringspartner: Der ERP-Berater unterstützt den internen Projektleiter bei jeglichen Fragen.
- Projektmitarbeiter: Der ERP-Berater arbeitet im Team mit und folgt den Anweisungen des Projektleiters.
- Projektleiter: Der ERP-Berater übernimmt selbst die Position des Projektleiters und erstattet der Geschäftsleitung Bericht. Dies ist meist der Fall, wenn kein interner Projektleiter vorhanden ist.
Welches Know-how und welche Fähigkeiten bringt ein ERP-Berater mit?
ERP-Berater müssen für viele Aufgabenbereiche gerüstet und damit bezüglich ihres Know-hows und ihrer Fähigkeiten breit aufgestellt sein. Ohne auf unternehmens- bzw. branchenspezifische Qualifikationen einzugehen, bringt ein ERP-Berater in der Regel folgendes mit:
- abgeschlossenes Studium mit betriebswirtschaftlichem und informatischem Schwerpunkt (zum Beispiel Wirtschaftsinformatik)
- fundierte Prozesskenntnisse und hohe Projektmanagementkompetenz durch vorangegangene Praxiserfahrungen
- Einblicke in alle relevanten ERP-Systeme inklusive mögliche Schnittstellen
- umfassendes Know-how in den Bereichen Datenbanken (zum Beispiel SQL oder Microsoft Access)
- Teamfähigkeit und Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit allen Mitarbeitern des Unternehmens bei gleichzeitiger eigenverantwortlicher und selbstständiger Arbeitsweise
- hohe Sozial- und Kommunikationskompetenz
- ausgeprägte Kunden- und Serviceorientierung
- fließendes Business-Englisch in Wort und Schrift
Wie ist es um den Ausbildungshintergrund eines ERP-Beraters beschaffen?
ERP-Berater bzw. ERP-Consultant ist kein klassischer Ausbildungsberuf oder Studiengang. Beste Chancen, zu dieser Beschäftigung zu gelangen, hat, wer eine Ausbildung bzw. ein Studium in den Bereichen Informatik oder Informationstechnik vorweisen kann. Darüber hinaus können auch passende Weiterbildungen die notwendigen Qualifikationen liefern.
Aus- bzw. Weiterbildung
Konkret wäre beispielsweise eine Ausbildung zum Assistenten für Informatik mit Spezialisierung auf Softwaretechnik denkbar. Hier sind neben informatischen und technischen Grundlagen eine Einführung in die Betriebswirtschaft ebenso Thema wie das Abbilden von Geschäftsprozessen mittels ERP-Systemen.
Doch auch allgemeinbildende Fächer wie Deutsch und Sozialkunde werden im Rahmen der Ausbildung mit bedacht. Ebenso kommen Praktika nicht zu kurz, um den Auszubildenden frühzeitig Einblicke in den Berufsalltag zu ermöglichen. Da die IT-Branche sehr stark international ausgerichtet ist, sind gute Englischkenntnisse bereits in der Ausbildung unverzichtbar.
Die Ausbildung zum Assistenten für Informatik mit Spezialisierung auf Softwaretechnik ist nur eine von mehreren Möglichkeiten, sich Zugang zum Beruf des ERP-Beraters zu verschaffen. Alternative Spezialisierungen sind etwa die technische Informatik oder Wirtschaftsinformatik. Auch die Fachrichtung Anwendungsentwicklung ist denkbar.
Studium
Universitäten und Fachhochschulen bieten gleichermaßen passende Studiengänge für zukünftige ERP-Berater an. Prädestiniert ist ein Studium der Informations- und Kommunikationstechnik, welches eine Mischung aus Elektrotechnik, Nachrichtentechnik Informationssystemtechnik sowie Informatik darstellt.
Da ein Studium zumeist wissenschaftlich-theoretischer Natur ist, sind Praktika hier noch wichtiger als bei einer Ausbildung. Gerade als Werksstudent bieten sich Interessierten aber zahlreiche Möglichkeiten, um bereits während des Studiums auf hohem Niveau in die ERP-Praxis eintauchen zu können.
IT-Unternehmen vs. Unternehmensberatung
Mit der passenden Ausbildung ist eine Beschäftigung als EPR-Berater sowohl in IT-Unternehmen als auch bei Unternehmensberatungen möglich. Die Arbeits- und Einsatzbereiche können hier wie da sehr unterschiedlich ausfallen. Ob man zum Beispiel das Projekt lieber im Dialog mit anderen organisiert und plant oder selbstständig individuelle Lösungen für auftretende Probleme programmiert, ist letztlich eine Entscheidung der persönlichen Vorlieben.
Wie sehen die Verdienstmöglichkeiten von ERP-Beratern aus?
Wie hoch das Gehalt eines ERP-Beraters ausfällt, ist von mehreren Faktoren abhängig. Dazu gehören im Wesentlichen:
- Alter
- Unternehmensgröße
- Projektgröße
- regionale Einflüsse
Im Durchschnitt kann von einem Monatsgehalt von rund 4.200 Euro brutto ausgegangen werden. Berufseinsteiger beginnen bei rund 3.000 Euro monatlich, während der Verdienst später auf über 6.000 Euro steigen kann.
Gehalt für ERP-Berater speziell nach Alter
Alter in Jahren |
25 | 30 | 35 | 40 | 45 | 50 |
Bruttogehalt in Euro pro Monat | 3.600 | 3.900 | 4.200 | 5.000 | 5.200 | 5.600 |
Gehalt für ERP-Berater speziell nach Unternehmensgröße
Anzahl der Mitarbeiter des Unternehmens | bis 500 | 501 bis 1.000 | mehr als 1.000 |
Bruttogehalt in Euro pro Monat | 3.900 | 4.000 | 4.900 |
Wo liegen die Grenzen eines externen ERP-Beraters und welche möglichen Konflikte gibt es?
Realistische Erwartungen an den ERP-Berater herantragen
Selbst bei langer Projektdauer ist es einem externen ERP-Berater schwer möglich, einen lückenlosen Gesamtüberblick über alle geschäftsrelevanten Prozesse des jeweiligen Unternehmens zu gewinnen. Auch ist die Expertise bei allem Know-how oft begrenzt, denn nur die wenigsten Berater haben mehrere ERP-Projekte in allen Facetten von Anfang bis Ende begleitet.
Aus diesem Grund sollte ein externer ERP-Berater nicht als derjenige angesehen werden, der für jedes Problem eine unternehmensspezifische Lösung parat hat. Richtiger ist es, ihn als Fachmann zu betrachten, der sich im Klaren über die Eckpfeiler und Tücken eines ERP-Projekts ist und dieses dadurch auf Kurs bringen und halten kann.
Spannungspotenziale zwischen Berater und Kunde kennen und vermeiden
Eben weil ein externer Berater keinen vollständigen Einblick in das Unternehmen gewinnen kann (oder soll), fallen die Endkonzepte nie 100 %-ig passgenau aus. Hierin zeigt sich nicht zuletzt grundlegender Interessenkonflikt: Der Kunde erwartet in der Regel ein fertige, optimale Lösung. Da ein ERP-Berater diese nur selten liefern kann und zudem gewinnorientiert arbeiten muss, stellt jede nicht optimale Lösung für ihn immer auch eine Chance auf Weiterbeschäftigung dar.
Weiteres Konfliktpotenzial entsteht dort, wo das Know-how des externen Beraters endet. Hier nämlich kann es vorkommen, dass das Halb- oder Nichtwissen durch Wortgewandtheit zu kompensieren versucht wird. Kunden mit nur wenigen IT-Kenntnissen können dann schnell ins Hintertreffen geraten.
Um diese oder ähnliche Konflikte zu vermeiden, ist ein konstruktives Arbeits- und Gesprächsklima unerlässlich. Nur wer im Dialog und Austausch steht, kann gemeinsam an bestmöglichen Lösungen arbeiten. Daher kommt es für das Zusammenspiel von Berater und Kunde vor allem auf folgende Punkte an:
- Offen mit den Mitarbeitern über verfolgte und nicht verfolgte Ziele kommunizieren.
- Eine realistische Zeit- und Budgetplanung bildet die Grundlage für das Gelingen eines Projektes. Oftmals sind Zeit und Budget zu gering bemessen.
- Das Projektmanagement sollte konsequent sein und alle Termine eingehalten werden.
- Eine Fokussierung auf die Kernprozesse ist notwendig, um diese zu uneingeschränkt umsetzen zu können.
- Workshops und Besprechungen sollten durchgeplant werden. Dazu zählen die Ausarbeitung einer Agenda, eine feste Zeitvorgabe sowie die Vorgabe des konkreten Ziels.
- Eine Beeinflussung durch optisch ansprechende Hochglanzprospekte ist zu vermeiden. Entscheidend sind gute Softwarelösungen, kein ausgefallenen Marketingkonzepte.
- Eine Belohnung der Mitarbeiter fördert die Motivation. Dies muss nicht durch monetäre Mittel geschehen, auch gemeinsame Feste nach wichtigen Projektschritten tragen zu positiver Stimmung bei. Darüber hinaus kann bei diesen Gelegenheiten ein direkter Austausch mit den Kollegen erfolgen.